Entlohnungssysteme im Wandel der Zeit
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Es gibt zahlreiche Entlohnungssysteme. Allerdings ist kaum eines gerecht, transparent und leistungsfördernd. Unumstritten ist wohl, dass eine Veränderung der althergebrachten Entgeltgestaltung lange überfällig ist. Erinnern doch (fast) alle bekannten Systeme an das BAT-Prinzip: Sie sind anforderungs-/stellenbezogen, senioritätsorientiert und zudem extrem fixkostenlastig.
Verbunden mit arbeitsrechtlichen Gegebenheiten (Gewohnheitsrechte, Besitzstandswahrungen) sowie der aktuellen Rechtsprechung bezüglich Transparenz und Vergleichbarkeitsüberprüfungen führt dies genau zu folgenden Problemen:
1. Bestehende Ungerechtigkeiten im Gehaltsraster: Mitarbeiter, die aus welchen Gründen auch immer, „zu teuer“ engagiert wurden, Veränderungen im Leistungsgefüge ohne Anpassung, mangelnde Anpassungsmöglichkeiten bei Versetzungen aufgrund arbeitsrechtlicher Restriktionen, begrenzte Möglichkeiten bei Förderung von Leistungsträgern etc.
2. Häufig basieren Entgeltsysteme auf dem Irrglauben: Je älter der Mitarbeiter, desto höher muss sein Einkommen sein. Die Frage sollte eher sein: Wann ist der monetäre Bedarf bei Menschen am größten?
3. Ein Großteil der Personalkosten sind feste Kosten, die, addiert mit den Lohnnebenkosten, eine hohe Fixkosten-Belastung darstellen und in Summe die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen erheblich gefährden kann.
4. Der Motivationsgrad aufgrund von Leistungsanreizen wie Sonderleistungen, sowie Gewohnheitszahlungen (z. B. Urlaubs-/Weihnachtsgeld) ist gering.
5. Die Möglichkeit der individuellen Entgeltanpassung bei freiwilliger Absenkung des Leistungsangebots bei z. B. Mengenleistungen oder Zielerreichungsgrade durch den Mitarbeiter (z. B. aufgrund demografischer Entwicklung, gleitender Ruhestandslösungen, Tätigkeiten über das Rentenalter hinaus sowie persönlicher Wünsche des Mitarbeiters) finden kaum Lösungsansätze.
Quo Vadis – wohin führt also der Weg in unserer Entgeltlandschaft?
Die Zeiten haben sich verändert: Arbeitsteilige Prozesse und höhere Spezialisierungen am Arbeitsplatz, technologischer Wandel, flexible Anpassungen an Kundenwünsche. Zudem haben wir es mit mündigen Mitarbeitern zu tun, die einbezogen werden wollen und müssen, auf deren Leistungsbereitschaft die Unternehmen angewiesen sind. Dies erfordert zeitnahe Informationen und die Gestaltung von Entgeltsystemen, die ebenfalls möglichst zeitnah die Leistung reflektieren. Das ist zeitgemäß, problemlos darstellbar und zudem in erheblichem Maße leistungs- und motivationsfördernd.
Deutlich wird, dass die bisherige Logik nicht mehr zeitgemäß ist und beiden Seiten – den Mitarbeitern und den Unternehmen – nicht mehr gerecht wird. Mitarbeiter wollen gerecht behandelt werden, Leistung soll sich automatisch auszahlen und sie wollen mit am Erfolg des Unternehmens partizipieren.
Unternehmen wollen Leistung individuell honorieren und sind bereit, bei entsprechendem Ergebnis die Mitarbeiter am Unternehmenserfolg – so dieser erreicht wird – zu beteiligen.
Entgeltsysteme der Zukunft werden daher aus mindestens vier Komponenten bestehen:
A. Dem Grundeinkommen:
1. Einem Basiseinkommen, orientiert an der jeweiligen Funktion/Hierarchiestufe (z. B. Sachbearbeiter/in) in identischer Höhe.
2. Einer Sachverantwortungszulage. Dies ist ein Multiplikator (z. B. 1,00 – 1,50), der bestimmte Fähigkeiten und/oder Verantwortlichkeiten (mehrere Fremdsprachen, Fähigkeit zur Erstellung einer Rohbilanz, Einkaufsverantwortung, Führung mehrerer Filialen o.ä.) reflektiert.
Dieses Grundeinkommen kann problemlos offengelegt und argumentiert werden, da es die faire Vergleichbarkeit der Löhne und Gehälter transparent macht.
B. Dem variablen Zusatzeinkommen:
Eine „On-top-Erfolgsbeteiligung“ – da, wo möglich, auch als Ersatz für Urlaubs-/Weihnachtsgeld – soll die individuelle und gemeinsame Leistung reflektieren und, je nach Hierarchiestufe, in attraktiver Höhe (z. B. Sachbearbeiter 5-10 Prozent, Team-/Gruppenleiter 15 Prozent, Abteilungsleiter 20 Prozent des Einkommens) einen echten Leistungsanreiz darstellen.
3. Eine Beteiligung am Unternehmenserfolg als Solidarprämie. Diese Erfolgsbeteiligung soll das Erreichen bzw. Überschreiten des Unternehmenserfolges (meistens Gewinn) reflektieren und gemeinsamen Leistungsanreiz sowie Bindung an das Unternehmen geben. Hierbei ist eine zeitnahe Kommunikation der Frage: „Wie geht es dem Unternehmen?“ extrem wichtig, um die Mitarbeiter unterjährig und permanent zur konstant guten Leistung zu stimulieren.
Diese variable Größe greift bei einem definierten Geschäftsergebnis (Erreichen/Überschreiten der Plangröße).
4. Eine Erfolgsbeteiligung, die die persönliche Leistung des Mitarbeiters bzw. seines Teams reflektiert (Individualprämie). Hier geht es um arbeitsplatzbezogene Leistungsziele (Mengen, Erlöse, Kosten etc.) sowie personenbezogene Entwicklungen, die sinnvoll in sogenannten Zielvereinbarungen messbar fixiert werden und – je nach Erreichungsgrad – in entsprechender Höhe honoriert werden. Hier kann aber auch ein Mitarbeiter, der z. B. weniger Leistung erbringen möchte (s. Demografie), dieses vereinbaren und damit bei entspannter Arbeitsweise ein entsprechend angepasstes Einkommen erhalten. Allerdings sollte nicht verschwiegen werden, dass die Implementierung eines solchen Entgeldsystems eines gewissen Vorbereitungsaufwands bedarf und gerade auch die Erfolgsbeteiligung (Individualprämie) auf der Basis von Zielvereinbarungen einen laufenden Dokumentations- und Messungsaufwand darstellt.
Da bestehende Leistungsreserven der Mitarbeiter bei richtiger Einbindung aktiviert werden können und diese damit zu positiveren Ergebnissen führen, tragen sich variable Entlohnungsanteile bei richtiger Gestaltung über die Mehrleistung selbst.
Tenor sollte also sein: Leistung lohnt sich – automatisch!
Autor dieser Beilage ist Rüdiger Harbeck, HARBECK & PARTNER Management- und Personalberatung, langjähriges Mitglied des AGA-Beraternetzwerkes.